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Der Mehrwert von Beinaheunfällen

    Lernen aus Beinaheunfällen

    Unfallereignisse werden untersucht und die Unfallursachen beseitigt, um zukünftige Ereignisse zu verhindern. Das erfolgt, nachdem ein Ereignis eingetreten ist, also reaktiv. Unternehmen mit einer fortgeschrittenen Sicherheitskultur, erfassen und untersuchen auch Beinaheunfälle, um präventiv aus Ihnen zu lernen.

    Die Unfallpyramide verdeutlicht, das Beinaheunfälle viel häufiger vorkommen als Unfälle. Das Potential zur Reduzierung von Unfallursachen und damit Unfällen ist demnach bei der Bearbeitung von Beinaheunfällen um ein Vielfaches größer als nach Unfallereignissen.

    Was ist ein Beinaheunfall?

    Ein Beinaheunfall ist nicht nur eine Situation, aus der sich jemand gerade noch mit einem Hechtsprung aus einer Gefahrensituation retten konnte – am einfachsten lässt sich der Begriff mit Hilfe des Schweizer Käse Modells erklären:

    In der Arbeitssicherheit setzen wir Barrieren ein, um das Risiko eines unerwünschten Ereignisses, also eben eines Unfalls, auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.

    Barrieren können sein:

    • Vermeidung der Gefahrenquelle,
    • technische Maßnahmen,
    • organisatorische Maßnahmen,
    • persönliche Schutzausrüstung,
    • verhaltensbezogene Maßnahmen.
    Schweitzer Käse Modell zur Erklärung von Beinaheunfällen
    Schweizer Käse Modell (Swiss Cheese Modell, vereinfachte Darstellung nach James Reason)

    Nach dem Modell wird ein Unfall durch eine Fehlerkette, also das Versagen mehrerer Barrieren, verursacht. Wenn nur eine der Barrieren stand hält, handelt es sich um ein potentielles Ereignis, also einen Beinaheunfall.

    Als Beinaheunfälle werden nicht nur die potentiellen Ereignisse selbst bezeichnet, sondern auch

    • die ausser Kraft gesetzten Barrieren (unsichere Zustände), z.B. zugestellte Fluchtwege, Fehler in der Maschinensteuerung sowie
    • das unsichere Verhalten, das zum Versagen einer Barriere führt, z.B. Abweichungen von Standards.

    Beinaheunfallmeldesysteme

    Voraussetzung für das Einführen eines Beinaheunfallmeldesystems ist eine bestimmte organisatorische Reife. Erfolgsfaktoren einer guten Meldekultur sind:

    • eine Fehlerkultur, in der offen über Fehler gesprochen wird und diese als Chance zur Verbesserung verstanden werden,
    • eine möglichst einfache und unbürokratische Weitergabe von Beinaheunfällen,
    • eine gute, vertrauensvolle Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern inklusive der Rückmeldung zu Beinaheunfallmeldungen und Maßnahmen.

    Dies ist frühestens in der kalkulativen Sicherheitskultur zu erwarten.

    Werden Beinaheunfallmeldungen zu früh eingeführt, dann befürchten die Beschäftigten, dass die Meldungen Ihnen als Fehler angekreidet und sie bloßgestellt werden. Das proaktive Melden wird dann nicht oder nur mit viel Druck und wenig Mehrwert für die Sicherheitsarbeit funktionieren.

    Gut zu wissen

    Die Organisation muss sich Gedanken darüber machen, welche Beinaheunfälle gemeldet und untersucht werden sollen. Die Entscheidung kann z.B. in Abhängigkeit von Risiko oder Verletzungsschwere getroffen werden.

    Eine Herausforderung ist es, den Wert von Beinaheunfallmeldungen zu vermitteln, obwohl zur Reduzierung von Unfällen natürlich auch die Anzahl der Beinaheunfälle reduziert werden muss.

    Einen Förderpreis gab’s übrigens für dieses Azubisprojekt zum Thema Beinaheunfälle.


    Danke! für das Originalfoto an Marcelo Moreira von Pexels

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