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Wie geht fachliche Führung?

    Was ist Führung?

    Wenn man im Wörterbuch die Bedeutung des Wortes “Führung” nachschaut, findet man u.a. “verantwortliches Leiten“, „die Richtung bestimmen“ und „in Bewegung setzen“. Führen bedeutet zusammengefasst, eine Vision der Zukunft zu vermitteln und die Mitarbeiter mitzunehmen, die notwendigen Zwischenziele auf dem Weg dorthin zu erreichen.

    Managen ist nicht das gleiche wie führen: in Unternehmen wird Facharbeit geleistet, das Tagesgeschäft gemanagt und/oder geführt, je nachdem, in welcher Ebene Mitarbeiter tätig sind:

    • Bei Experten, liegt das Hauptaugenmerk auf der Facharbeit,
    • Manager leben im “Heute”: sie bearbeiten überwiegend Vorgänge und führen aus, d.h. sie regeln das Tagesgeschäft mit Hilfe bekannter Mittel und Strategien, sie steuern und verbessern bestehende Prozesse,
    • Führungskräfte gestalten die Zukunft und sind überwiegend mit Führungsaufgaben beschäftigt, ergänzt um einen geringen Anteil an Management-Aufgaben.

    Experten im Arbeits- und Gesundheitsschutz führen meist in doppelter Hinsicht – zum einen haben sie die disziplinarische Führung für ihr Team. Zum anderen führen sie aber auch in ihrem Fachbereich, d.h. sie gestalten gemeinsam mit der Unternehmensleitung die Zukunft im Arbeits- und Gesundheitsschutz.

    Aufgrund ihrer methodischen und fachlichen Kenntnisse gehört es den Aufgaben der Experten auch die fachliche Führung der betrieblichen Führungskräfte im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Zum einen, damit diese ihrer Verantwortung bezogen auf diese Themen gerecht werden können und zum anderen, damit sie befähigt werden, die Umsetzung von Vision, Strategie und Zielsetzung aktiv voranzutreiben und einen ggf. erforderlichen kulturellen Wandel zu begleiten.

    Welcher Führungsstil eignet sich für das Führen im Arbeits- und Gesundheitsschutz?

    Die transformationale Führung

    Der transaktionale Führungsstil funktioniert im Sinne eines Tauschgeschäfts: Belohnung gegen Zielerreichung. Eine Kulturveränderung spielt hier keine große Rolle. Der transformationale Führungsstil geht darüber hinaus und berücksichtigt die Kulturveränderung: Ziel ist es, nicht nur das Verhalten, sondern auch die Einstellungen aller Beteiligten zu verändern. Die transformationale Führung besteht aus:

    • Vorbildfunktion
    • Inspiration
    • Geistiger Anregung
    • IndividuelleFörderung

    Mehr zum transformationalen Führungsstil findet ihr z.B. hier.

    Für das “wie” der individuellen Förderung, kann auf das situative Führungsmodell von Hersey & Blanchard (1977) zurückgegriffen werden.

    Individuelle Förderung mit Hilfe des situativen Führungsmodells

    Um die Frage zu beantworten, wann welches Führungsverhalten angebracht ist, haben Hersey und Blanchard das Konzept der Reifegrade entwickelt.

    Obwohl das situative Führungsmodell aus den 70er Jahren stammt und in der Kritik steht, z.B. weil ein wissenschaftlicher Nachweis fehlt und die Reifegradbestimmung in unserer komplexen Arbeitswelt nicht einfach ist, gibt es praktikable Handlungshilfen bezogen auf die individuelle Förderung von Mitarbeitern.

    Nach dem Modell haben Beschäftigte unterschiedliche Reifegrade, wenn sie eine Aufgabe erledigen: zum einen bezogen auf ihre Fähigkeit und zum anderen bezogen auf ihre Motivation:

    • Fähigkeit: Die sachliche Reife beschreibt die Fähigkeit und Kompetenz, eine übertragene Aufgabe zu erledigen,
    • Wollen: Die psychologische Reife beschreibt die Motivation, Einstellungen des Mitarbeiters, die Arbeit zu erledigen.

    Wichtig ist: Die Reifegrade sind aufgabenabhängig. Ein Ingenieur kann für seine Facharbeit den höchsten Reifegrad erreicht haben. Wenn er nun zusätzlich erstmals eine Teamführung übernimmt, ist er für diese Aufgabe wahrscheinlich hoch motiviert, hat aber bezogen auf seine Führungskompetenz noch nicht die volle Reife erreicht. D.h. die Anforderungen an den Führungsstil seiner Führungskraft sind unterschiedlich bezogen auf die neue übernommene Teamführung und die Fachaufgaben.

    Die 4 Führungsstile bezogen auf die (Aufgaben)Reife

    In Abhängigkeit von der Kombination der individuellen Reife bezogen auf Motivation und Fähigkeit zur Erledigung einer Aufgabe empfehlen Hersey & Blanchard vier unterschiedliche Führungsstile mit unterschiedlicher Ausprägung von Aufgaben- und Beziehungsorientierung:

    • Bei einem aufgabenorientierten Führungsstil stehen konkrete Ziele und Erwartungen bezogen auf die Erledigung der Aufgabe im Vordergrund des Führungsverhaltens, z.B. was bis wann erledigt werden muss und wie etwas zu erledigen ist,
    • Der beziehungsorientierte Führungsstil konzentriert sich auf die soziale Komponente. Hier geht es in der Führungsarbeit vorrangig um Feedback, Wertschätzung und Motivationssteigerung.

    Die Führungsstile für die unterschiedlichen Reifegrade sind in der Abbildung dargestellt:

    • Dirigieren bei sehr geringem Reifegrad: Es fehlt dem Mitarbeiter sowohl an der Fähigkeit zur Erledigung der Aufgabe als auch an der Motivation Hier wird eine hohe Aufgabenorientierung und geringe Beziehungsorientierung empfohlen. Also: Klare Vorgaben und Erwartungen bezogen auf die Aufgabe, enge Kontrolle der erbrachten Leistung.
    • Anleiten & Überzeugen bei mittlerem Reifegrad: die Fähigkeit zur Erledigung der Aufgabe fehlt, aber Motivation und Willen sind da. Hier wird zur hohen Aufgabenorientierung verstärkt auf Personenorientierung geachtet. Der Vorgesetzte erklärt Entscheidungen und Anweisungen genau, gibt aber Gelegenheit für Klärungsfragen.
    • Teilhaben bei höherem Reifegrad: Das Fachwissen ist da, aber den Mitarbeitern fehlt die Motivation oder sich trauen sich die selbständige Erledigung der Aufgabe nicht zu. Führungskräfte sollten hier vorrangig beratend zur Seite stehen und Ideen mitteilen. Die Mitarbeiter werden ermutigt, eigenverantwortlich zu denken und Entscheidungen zu treffen.
    • Delegieren in der höchsten und letzten Stufe: Fachwissen und Motivation sind da. Hier ist weder Aufgabenorientierung noch eine große Beziehungsorientierung nötig – aber Freiräume, d.h. die Übergabe von Verantwortung für Entscheidung und Durchführung. Und – nicht zu vergessen – die geleistete Arbeit wahrnehmen und wertschätzen.

    Individuelle Förderung ist nicht nur für die Mitarbeiter wichtig: je reifer die Beschäftigten, desto mehr Management-Aufgaben kann die Führungskraft delegieren – und sich auf ihr Kerngeschäft “Führung” konzentrieren.

    Fachliche Führung betrieblicher Führungskräfte

    Die Führungsstile kann ich auch als Experte nutzen. Für die fachliche Führung betrieblicher Führungskräfte ist es wichtig zu wissen, ob und in welchem Maße Fachkompetenz oder Motivation im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz gefördert werden müssen. In der Umsetzung sieht das so aus:

    • klare Vorgaben für Führungskräfte, denen Motivation und Fachkompetenz fehlt,
    • Coaching von Führungskräften, die motiviert sind, aber denen die Kompetenz im Thema fehlt,
    • enge Begleitung und terminiertes Follow-Up bei Führungskräften, die wissen wie es geht, die aber andere Prioritäten haben,
    • versierte Führungskräfte “machen lassen” und sie ermutigen, Kollegen zu coachen.

    Gut zu wissen

    Nicht alle Führungsstile fallen jedem gleich leicht: Wichtig ist es, seinen eigenen bevorzugten Führungsstil zu kennen. Hierzu findet ihr auch Tests im Internet.

    Und noch ein Tipp für das eigene Team: Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, die Reife und damit auch die Führungsstile für meine direkten Mitarbeiter bei Bedarf im Mitarbeitergespräch individuell über eine gemeinsame Selbsteinschätzung zu vereinbaren. Das sorgt für Transparenz und klärt die Erwartungshaltung.

    Hinzugezogene Quellen: Karrierebibel, Situatives Führungsmodel nach Hersey und Blanchard (1977), Handwerksmensch

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