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Situationsbewusstsein im Arbeitsschutz

    Der Begriff “Situation Awareness” stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich und beschrieb das Denken und Handeln von Piloten bei Kampfeinsätzen: die Annahme war, das diese ein gutes Situationsbewusstsein haben müssen, um gegnerische Bewegungen und Entscheidungen vorherzusehen.

    Folgen mangelnden Situationsbewusstseins

    Warum ist das Situationsbewusstsein im Arbeitsschutz wichtig?

    Eine Voraussetzung dafür, dass wir “das Richtige” tun, ist, dass wir die Situation, in der wir uns befinden, und deren Entwicklung richtig einschätzen. Schätzen wir eine Situation und deren Entwicklung falsch ein, werden wir auch unsere Entscheidungen und Handlungen an diesem mangelnden Situationsbewusstsein ausrichten und dadurch Fehler machen. Viele Fehler, insbesondere im Zusammenhang mit Unfällen, können auf mangelndes Situationsbewusstsein zurückgeführt werden.

    Ein richtiges Situationsbewusstsein ist also Voraussetzung für Handlungsfähigkeit und sicheres Handeln.

    Entstehung des Situationsbewusstseins

    Wie das richtige Situationsbewusstsein entsteht, beschreibt das Situation Awareness – Modell von Endsley (1995) anhand eines 3-stufigen Prozesses, hier erklärt am Beispiel eines Flugzeug-Cockpits:

    • 1. Wahrnehmung: Die Objekte in der Umgebung werden wahrgenommen – in unserem Beispiel sieht der Pilot den Zustand eines Anzeigeinstruments,
    • 2. Verständnis: Die Bedeutung der Objekte wird verstanden – der Pilot begreift die wahrgenommene Anzeige z.B. als gefährlich,
    • 3. Projektion: Die Veränderungen in der Umgebung und der zukünftige Zustand der Objekte werden vorhergesagt – der Pilot schätzt ein, wie sich der hinter dem Anzeigeelement liegende Prozess entwickeln wird.
    Bild eines Flugzeugcockpits als Erklärungsmodell für die Entstehung des Situationsbewusstseins im Arbeitsschutz
    Beispiel Flugzeug-Cockpit

    Beim Situationsbewusstsein wird also das Wahrgenommene bewusst interpretiert und darauf aufbauend ein zukünftiger Zustand prognostiziert.

    Bedeutung für den Arbeitsschutz 

    Basierend auf dem Situationsbewusstsein treffen wir Entscheidungen und setzen damit verbundene Handlungen um – in unserem Beispiel trifft der Pilot möglicherweise die Entscheidung vorzeitig zu landen und handelt, indem er den nächstgelegenen Flughafen anfliegt.

    Die Problematik für den Arbeitsschutz liegt in den möglichen Wahrnehmung-, Interpretations- oder Prognosefehlern und damit Entscheidungs- und Handlungsfehlern. Zudem wird der Prozess zur Erlangung des richtigen Situationsbewusstseins beeinflusst wird von:

    Foto eines wachsamen Erdmännchens als Synonym für das Situationsbewusstsein im Arbeitsschutz
    • Aufgaben- und Umgebungsfaktoren, wie Komplexität, Stressoren, Systemgestaltung (z.B. Automatisierungsgrad) und
    • individuellen Faktoren, wie Fähigkeiten, Erfahrung, Wissen, Ziele.

    Der moderne Arbeitsschutz setzt vor diesem Hintergrund auf eine “Human Factors” geleitete Arbeitssystemgestaltung, die die Fähigkeiten und Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit im Zusammenwirken mit technischen Faktoren betrachtet.

    Es werden technische oder organisatorische Maßnahmen eingeführt, die das Situationsbewusstsein erhöhen oder den Verlust des Situationsbewusstseins verhindern und damit die Sicherheit im Arbeitssystem Mensch-Maschine erhöhen (im Beispiel z.B. die automatische Ansage der Höhe beim Landeanflug).

    Bei risikobehafteten Prozessen werden Entscheidungssituationen durch Auswahlsituationen ersetzt, d.h. eine Bedingung ist fest mit einer Handlung verknüpft (z.B. das Stehen bleiben an einer roten Ampel).

    Gut zu wissen

    Auch situative oder dauerhafte Wahrnehmungsfehler (Rot-Grün-Sehschwäche) können das richtige Situationsbewusstsein beeinflussen.


    Danke! für die Originalfotos an Egor Kamelev von Pexels sowie Trent Erwin und Alexas_Fotos von Unsplash.

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